Gegenwind und Einsamkeit getrotztZazenhausen. Steffen Grabenhof ist in 86 Tagen mit dem Fahrrad von New Jersey nach San Francisco gefahren.Zwar nicht in 80 Tagen um die Welt, aber immerhin in 86 Tagen quer durch die Vereinigten Staaten, und das per Mountainbike - diese Leistung kann sich Steffen Grabenhof auf die Fahne schreiben. Der 23-jährige Zazenhäuser ist zwischen Mai und August (2010) ganz alleine von New Jersey an der Ostküste nach San Francisco an der Westküste geradelt. Rund 6500 Kilometer stecken ihm in den Waden, 13 Staaten hat er gesehen und 5 platte Reifen geflickt. Er ist durch die Wüste gestrampelt, hat die Rocky Mountains überquert und tagelang mit Gegenwind gekämpft. Es war eine Reise voller Extreme und Herausforderungen, ein Wechselbad aus Euphorie und Einsamkeit. Es gab gute Tage und solche, an denen er sein Rad am liebsten in den Graben geschmissen hätte.
Großer Frust während seiner Ausbildung als Raumausstatter war es, der ihn nach einer Herausforderung suchen ließ. „Ich habe im Betrieb nur negatives Feedback bekommen und hatte dadurch nicht mehr so viel Selbstbewusstsein", erzählt er. „Ich habe mir dann gedacht, wenn ich mir ein Ziel setze und das erreiche, dann kommt das Selbstbewusstsein vielleicht wieder. Und siehe da, es war so." Die längsten Radtouren, die Grabenhof zuvor mit seinem Mountainbike zurückgelegt hatte, waren einwöchige Trips über die Alpen zusammen mit seinen Eltern. Nun reiste er zum ersten Mal ganz alleine. Extra trainiert hat er vorab nicht: „Im Prinzip war die Tour mein Training." Zwischen 70 und 154 Kilometern legte der junge Mann am Tag zurück. Da sein Touristenvisum für 90 Tage gültig war, musste er sich an einen strikten Zeitplan halten. Ein bis drei Tage nahm er sich jeweils Zeit, um unterwegs Städte wie Chicago und Denver oder die Niagarafälle anzuschauen. Eigentlich waren diese Zwischenstationen auch als Ruhepole gedacht, „aber ich muss sagen, dass die Touri-Tage zum Teil härter waren als die Radtage", sagt er und lacht. Was Grabenhof während seiner Reise quer über den Kontinent am meisten beeindruckt hat, ist die Offenheit der Landsleute, denen er begegnet ist. „In Amerika sind die Leute so gastfreundlich und helfen, wo's geht." Wie er gelernt hat, nennen die Amerikaner diese Mentalität „forward paying". Das bedeutet sinngemäß: Ich mache etwas, und irgendwann kommt es auf irgendeine Weise zu mir zurück. Steffen Grabenhof: „Man glaubt es nicht, aber es funktioniert dort wirklich." Die Amerikanerin, die während seiner Reise die größte Hilfsbereitschaft zeigte, war eine ehemalige Geschäftskollegin seiner Mutter, die inzwischen wieder in Iowa lebt. „Margee hat für mich alles organisiert. Ich war nur der, der getreppelt ist, sie hat alles andere gemacht", erzählt der Zazenhäuser. Wenn seine Karte zu ungenau war, schaute Margee im Internet nach, welche Richtung er einschlagen sollte, sie gab am Telefon durch, wo er übernachten oder etwas besichtigen konnte. Und sie baute ihn wieder auf, wenn er keine Lust mehr hatte. In einer Situation mitten in Nebraska, als er Margees Hilfe am dringendsten benötigte, war allerdings der Handyakku leer. Es war bereits später Nachmittag. „Ich kam an eine Kreuzung, die auf meiner Karte nicht eingezeichnet war. Also bin ich einfach mal nach rechts gefahren. Das war das einzige Mal, dass ich während der Tour auf meinen Kompass gucken musste. Irgendwann stand ich dann oben auf einem Hügel und konnte so weit schauen wie noch nie in meinem Leben. So weit ich blicken konnte, habe ich kein Anzeichen von Zivilisation erkennen können. Da habe ich dann Panik bekommen." Der Radler machte kehrt und fand Hilfe in einer Wohnwagensiedlung, wo ihm einige Männer den Weg in den nächstgelegenen Ort nannten: Hayes Center, ein 250-Seelen-Ort. Dort stieß der junge Deutsche zu den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag hinzu. „Alle wollten ein Foto von mir machen. Da war ich kurz voll die Berühmtheit", erzählt er grinsend. Für Amerikaner seien Radfahrer schließlich eine eher seltene Sportler-Spezies. Es gebe nicht viele Radwege, und wenn, dann eher 30 Kilometer im Kreis, sagt Grabenhof. Von einer Stadt zur nächsten zu fahren, mache kaum jemand auf unmotorisierte Weise. Trotzdem seien alle, denen er vor Ort von seinem Vorhaben berichtet hat, begeistert gewesen. „In Deutschland bin ich auf viel mehr Skepsis gestoßen." Spätestens als Grabenhof in San Francisco einfuhr und über
die Golden Gate
Bridge radelte, hatte er auch die letzten
Skeptiker auf seiner Seite. Auch er selbst
war überwältigt: „Es war ein Megagefühl,
nach drei Monaten das Ziel erreicht zu haben." Bei der Abfahrt
in New Jersey hatte
er den Hinterreifen in den Atlantik getunkt, nun folgte der Vorderreifen
in das
kühle Nass des Pazifiks. Dass er noch einmal in die Vereinigten
Staaten zurückkehren wird, steht für Grabenhof fest. „Dann
werde ich aber eine klassische Rentner-
|
|
Kontakt und weitere InfosSteffen Grabenhof |
Zeitungsartikel von Leonie Hemminger
aus "Stuttgarter Nachrichten/Nord-Rundschau", vom 24. September 2010 www.stuttgarter-nachrichten.de |
Homepage | Aktualisieren | Hoch |