Unterm Gewölbe erstrahlt der Glanz alter ZeitenSerie "Kellergeschichten" - Teil 4: Der Zazenhäuser DionysiushofZazenhausen: Dunkel, zuweilen gruselig, manchmal geheimnisvoll und sagenumwoben - Keller haben einen ganz speziellen Charme. Wahre Kleinode verbergen sich dahinter, aber auch halb verfallene Orte, an die schon lange kein Licht mehr drang. Diesen "Kellergeschichten" spüren wir in unserer gleichnamigen Serie nach. Dieses Mal: der Gewölbekeller des Dionysiushofes in Zazenhausen.
Schmal und gerade einmal mannshoch ist die Holztür, die in den alten Gewölbekeller des Dionysiushofes führt. Unwillkürlich zieht jeder, der den Raum betritt, ein wenig den Kopf ein, um ihn einen Augenblick später erstaunt zu heben. Eingetaucht vom Licht kleiner Lämpchen spannt sich das Bruchsteingewölbe in einem flachen eleganten Bogen über einen großen Holztisch, an dem bequem zwanzig Personen Platz haben. Ein kreisrunder Kerzenständer hängt an Ketten von der Decke, alte Gerätschaften wie Hobel, eine Säge nebst Hammer und eine Holzzwinge schmücken die Wände und die vier Stützbalken. "Früher lagerten hier bergeweise Kartoffeln", erzählt Andrea Gramberg, geborene Krehl. Bis ins Jahr 1991 bewirtschafteten ihre Eltern noch den Dionysiushof, der seit Jahrzehnten im Besitz der Familie Krehl ist. Davor gehörte das Anwesen zu den Zazenhäuser Erblehenhöfen, von denen drei an der Zahl seit Beginn des 15. Jahrhunderts geistlichen Esslinger Institutionen gehörten. Der Name des Dionysiushofes geht auf die Dionysiuspfründe der Esslinger Pfarrkirche zurück. Nachdem der Hof 1354 in das Eigentum des Spitals Esslingen überging, wurde er wohl 1583 neu- beziehungsweise umgebaut.
Ihr heutiges Gesicht bekamen Haus und Keller 1993, als Andrea Gramberg, von Beruf Bautechnikerin, und ihr Mann Peter, studierter Bauingenieur, das Gebäude von Grund auf umbauten und renovierten. Zum ständigen Begleiter der Arbeiten wurde das Landesdenkmalamt, steht der Dionysiushof doch in der Liste der Stuttgarter Kulturdenkmäler. Leichter wurde der Umbau dadurch nicht. "Der finanzielle Aufwand war enorm", sagt Peter Gramberg. Mehr als ein Jahr dauerten die Arbeiten. In dieser Zeit erwachte auch der Gewölbekeller wie aus einem Schneewittchenschlaf. Tagelang strahlten Arbeiter das gekalkte Gewölbe ab, bis der originale Bruchstein zum Vorschein kam. "Mit 80 Zentnersäcken Spezialmörtel mussten dann die Löcher im Gewölbe ausgebessert werden", berichtet Peter Gramberg. Statt eines Lehmbodens bekam der Keller einen Terrakotta schimmernden Steinboden. Seine ursprüngliche Funktion als Vorratskeller erfüllt der Raum noch heute - allerdings in leicht abgewandelter Form. Statt Kartoffeln lagert heute Wein im Gewölbekeller, bei dafür optimalen Temperaturen. "Wärmer als 16 Grad wird's hier unten nicht", sagt Peter Gramberg mit Blick auf ein Thermometer an einem der vier Stützbalken. "Und kälter als 14 Grad auch nicht." Eine Heizung braucht's deshalb nicht, und würde dem alten Gewölbe auch gar nicht gut tun. "Das wäre das Schlimmste, was sie machen können", sagt Peter Gramberg. Denn die Luftfeuchtigkeit würde das Mauerwerk zerstören.
Wenn am großen Holztisch also Gäste Platz nehmen, muss der Wein nicht nur den Geist, sondern auch den Körper erfüllen, letzteren vor allem mit Wärme. Oft feiern die Grambergs hier unten aber nicht. "Zweimal im Jahr - an unseren Geburstagen", erzählt Peter Gramberg. Gemessen an dem baulichen Aufwand mag dies wenig erscheinen, "doch damals war auch einfach die Euphorie vorhanden, aus diesem Gewölbe etwas zu machen". Von Thorsten Hettel
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